Review: #243 (21.11.2020)
Neuer Brauereialarm oder doch nicht? In Kollaboration wurde AF Brew aus Mütterchen Russland zumindest einmal erwähnt und nach minimaler Recherche klingelt es wieder in der Birne. Eine Wanderbrauerei, die es seit 2012 gibt und deren Homepage seit geraumer Zeit „in Arbeit“ ist. Damit kürzen wir hier ab und berichten noch etwas zum Bier.
Priorité – Fidélité – Fraternité! (übersetzt Priorität – Treue – Brüderlichkeit!)
Bei AF Brew feiert man wohl einmal im Jahr ein Fest und dafür wurden Tickets verkauft, die durch Corona natürlich ins Wasser gefallen sind, aber es gibt eine Vorabversion für alle, die ihr Ticket für 2021 behalten haben. Das Cerebral ist die 2020 Version und wurde mit Marshmallows, Vanille und Kaffee in Bourbonfässern gereift, darin war zuvor das Lobotomy 2019 und darin fermentiert man das Bier. Einen französischen Touch wollte man dem Bier ebenfalls verpassen, weshalb man das Bier noch in 25 großen Cognac-Fässern für ein Jahr reifte.
Hinten steht noch ein Text auf russisch und auf englisch.
„Go home 2020, you’re drunk. You’ve been playing bad tricks trying to seperate us and lock us down and finally you even made the postpone our Lobotomy Day to the next summer. But whatever doesn’t kill you makes you stronger. Even stronger than the new Lobotomie Cerebral aged for a year in French oak from Toncais and Limousin forest. Get well soon, 2020!“
„Geh nach Hause 2020, du bist betrunken. Sie spielen schlechte Streiche, um uns zu trennen und einzusperren, und schließlich haben Sie sogar unseren
Lobotomietag auf den nächsten Sommer verschoben. Aber was dich nicht umbringt, macht dich stärker. Noch stärker als das neue Lobotomie Cerebral, das ein Jahr
in französischer Eiche aus Toncais und Limousin gereift ist. Gute Besserung, 2020!“
Das hört sich auf dem Papier erstmal alles sehr gut an.
Infos:
Alkoholgehalt: 15%
IBU: –
Inhalt: 0,33 l
kcal: 450
Batch:
Herkunft: Russland
Etikett/Aussehen:
Zu sehen gibt es einen türkisen Hintergrund und ein Gesicht ein wenig abstrakter dargestellt, wenn man aber genauer hinguckt und die verschiedenen Farben sieht, dann bemerkt man, dass es die Farben der französischen Flagge besitzt. Die Haare des Gesichts, welches abgebildet ist, könnten auch Flammen darstellen, was mir das aber sagen möchte weiß ich nicht. Der Flaschenhals wurde auf jeden Fall noch mit dunklem, blauen Wachs versiegelt. Sonderlich doll gefällt mir das Design nicht.
Zutaten:
- Marshmallows
- Madagaskar Vanille
- äthiopischer Kaffee
Geruch/Aromen:
Viel geröstetes Malz und das erste Wort, das mir einfällt, ist, dass der Geruch zunächst klassisch und alt riecht, aber dann kommt Karamel, Milchschokolade, Kaffee der auch Moccha sein könnte, ein erdiger Geruch ist zu verspüren und dunkle rote Früchte. Süß und fruchtig, die Frucht springt zu Cocgnac über. Im Bier ist ja Vanille und Bourbonfass verwendet worden, was für mich im Gegensatz zu den anderen Aromen so im Hintergrund steht. Es riecht aber erstmal sehr komplex.
Geschmack:
Ein sehr kräftiger, voller, dicker, öliger, cremiger Körper. Das hat richtigen Sirupcharakter, der Mund bleibt förmlich am Glasrand kleben. Jeder Schluck fühlt sich so an, als ob man ein dickes Stück Schokoladenkuchen mit Sahne obendrauf zu sich nimmt, aber ich habe auch schon häufiger nicht mehr die kcal angesprochen, bei diesem Bier wird mir jedoch keine andere Wahl gelassen. Ich finde das übrigens nicht schlimm, die Flasche kann man dennoch alleine zu sich nehmen, aber das hat insgesamt etwas von einem Wein.
In der Beschreibung des Körpers bin ich mit dem Geschmack ein wenig verschwommen, deshalb füge ich nur kurz einen kräftigen und vollen Geschmack hinzu.
Der erste Schluck strotzt nur so vor Kraft und Energie. Es haut einen fast aus den Socken, denn es passiert schon mit dem ersten Schluck ziemlich viel gleichzeitig. Hält man das Bier nur im Mund, kann man schon extreme Süße vermuten, dazu wird es extrem malzig, Röstaromen und ich kann mir nicht helfen, aber Start und Mittelteil sind zu fließend, als dass man sie großartig Unterscheiden könnte.
Viele Faktoren/Zutaten sorgen ganz bestimmt für den süßen Geschmack, mit der Restsüße beginnend über die Vanille, zu den Marshmallows, vor allem aber dem Cognacfass. Es wird wirklich zuckrig süß, könnte hier ebenfalls Puderzucker sein, Karamell ist zu schmecken, aber es könnte auch Zuckerrübensirup sein. Dazu schlägt dann von Beginn an das Cognacfass massiv zu, da wirken Fassaromen auf das Bier ein und das Fass hinterlässt Geschmack von überreifen, dunklen, roten Früchten. Das ist aber nicht wie immer Rosine, sondern es könnte ein Mix aus süßen und sauren Kirschen sein, roten Trauben und minimal Rosine. Ich werfe mal süßen Wein als Schlagwort ein, Portwein um genauer zu sein. Der Geschmack ist so voll und so kräftig, vor allem ist der Geschmack saftig. Es wirkt einfach nicht sonderlich trocken, wie man es von Barrel Aged Bieren gewohnt ist. Zumindest nicht zu diesem Zeitpunkt.
Während man jetzt den Eindruck bekommen könnte, dass dieses Bier nur süß ist, den kann ich beruhigen, denn ab dem Mittelteil steuert eine moderate Bitterkeit gegen die Süße entgegen und balanciert das Bier fast vollends aus.
Bis jetzt habe ich aber einen Geschmack noch überhaupt nicht beschrieben und das ist der Mix aus Milchschokolade, Zartbitterschokolade, was mit Kaffee gepaart und geschwängert wird. Im Vordergrund kämpfen Kaffee/Schokolade, Süße und der fruchtige Geschmack um die Krone. Während dieser Geschmacksexplosion kann der Kaffee ebenso Espresso und Mocha sein. Auf alle Fälle ist der Geschmack sehr gelungen. Der Kaffee wirkt auch leicht erdig. Was dem Bier jedoch noch extrem zu gute kommt ist Säure, die könnte durch den Kaffee und die Trauben im Cognacfass an das Bier abgegeben worden sein.
Das ist auch wieder eines dieser Biere, die am Gaumen in Wellen aufbrechen. Schluck für Schluck zieht sich und immer wieder findet man etwas neues. Vielleicht geht das schon in die Richtung vom Ende. Was ich am Gaumen noch wahrnehme, ist ein rauchiger Charakter, es wird ledrig und Tabak ist zu verspüren. Kurz taucht ein Lakritzaroma auf. Ganz zum Schluss ist die Vanille am präsentesten. Von den 15% kann man zu keiner Sekunde den Alkohol schmecken, es ist also gefährlich trinkbar. Dafür ist das Bier sehr wärmend und man merkt den Alkohol zügig im Kopf, wenn man zu überhastet trinkt. Es ist eine leichte Schärfe vorhanden, die mich an Zimt erinnert. Die beiden Fässer hinterlassen mit ihren Tanninen nicht nur Bitterkeit, sondern sind auch noch recht würzig. Der Nachgeschmack hält sehr lange an. Abgeschlossen wird das Bier mit einem bittersüßen Geschmack und es wird tatsächlich noch typisch trocken, aber ganz so doll wie ich es normalerweise gewöhnt bin dann nicht.
Unglaublich komplex präsentiert sich das Cerebral und spannend könnte man noch erwähnen.
Jetzt wo ich komplett am Ende bin nach 1,5 Stunden, muss ich sagen, dass ich die Bewertung fast zu schlecht finde auf untappd. Das Bier hat soviel mehr zu bieten, wie es z. B. beim Stay Puft der Fall wahr. Aber mir soll es recht sein, wenn dieses Bier weniger Hype erfährt, davon muss ich mir beim nächsten Mal direkt zwei Flaschen sichern. Da bereue ich es die 2019 Flasche verstrichen gelassen zu haben.
Da ich umdisponieren musste, möchte ich mich dafür entschuldigen, dass ich noch ein Wochenende nur ein Bier veröffentlichen werde, in der nächste Woche gibt es dann aber wie gewohnt zwei Stück, jeweils am Freitag und Sonntag.
In diesem Sinne wünschen wir euch noch einen schönen 2. Advent.
Krone:
Vorhanden ist zwar ein dunkler brauner Schaum, aber bis auf den äußersten Rand hält sich nichts davon.
Bewertung auf
ratebeer: 99 Punkte 4.24/5 Punkte
untappd: 4.32/5 Sterne
Hallo, wir sind
Die Crafter
Zwei Kollegen aus Lübeck probieren sich durch verschiedenste Sorten Craft Beer und bewerten diese nachvollziehbar und ohne großen Schnickschnack.
Ehrlich, echt, typisch norddeutsch.
Flaschenpreis: 11,00 €
Unsere Bewertung
Ich würde dieses Bier wieder kaufen: Ja
Begründung:
4.35-4.4 definitiv wertig